Leibliche Väter bleiben weiter ohne Rechte – Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgebäude in Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht stellt weiterhin leibliche Väter rechtlos. – © Foto: Tobias Helfrich

Väter ohne Rechte – leiblicher Vater – Kuckuckskind / Menschenrechte – Kinderrechte / Willkür / 1 BvR 1154/10 – Bundesverfassungsgericht – Karlsruhe – Deutschland – Wieder eine vertane Chance für Kinder- und Väterrechte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) wies die Beschwerde eines leiblichen Vaters ab. Die Pressemitteilung im vollständigen Wortlaut des BVerfG ist am Ende dieses Artikels  angefügt.

Der Kläger hatte eine feste Beziehung mit der Kindesmutter. Die verheiratete Frau ging vier Monate nach der Geburt des Kindes zu ihrem Ehemann zurück. Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt in § 1592 Abs. 1 den Ehemann der Mutter automatisch zum rechtlichen Vater des Kindes. Der Kläger und mutmaßliche Erzeuger des Kindes versuchte die rechtliche Vaterschaft anfechten. Dies wurde ihm jedoch von den Gerichten, bis hin zum BVerG mit der Begründung ‚Kindeswohl‘ und ‚Schutz der Familie‘ verwehrt.

In seiner Pressemitteilung deutet das BVerfG an, dass die Strategie des Klägers schwach gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt, dass die angegriffenen Entscheidungen seine Grundrechte verletzen.
Dies ist ein Standardtrick, mit dem Gerichte Kindes- und Väterrechte ausbremsen. Es bleibt Spekulation, ob die Entscheidung anders ausgefallen wäre, wenn sich die Beschwerde auf die Verletzung der Grundrechte (Artikel 1, 2, 3 und 6 des Grundgesetzes) des Putativvaters (vermutlichen Vaters, das ist der Kläger) bezogen hätte.
Es ist allerdings schwer vorstellbar, dass in der Beschwerde ein Hinweis auf die Verletzung der Grundrechte des biologischen Vaters gefehlt hat.
Es ist zu hoffen, bald mehr Informationen über die Beschwerdeschrift zu erhalten. (Möglicherweise vom klagenden leiblichen Vater selbst?)

Das Kuckucksvaterblog: Die Entscheidung des BVerG belässt die freie und willkürliche Entscheidung darüber, wer der Kindesvater zu sein habe, bei der Mutter. Ihre Willkür in der Wahl des Vaters wird nur dann eingeschränkt, wenn der leibliche Kindesvater zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit ihr verheiratet war. Väter und ihre Kinder sind faktisch rechtlos gestellt, weil ihnen die Grundrechte aus den Artikeln 1, 2, 3 und 6 GG verwehrt bleiben. Mann und Frau seien vor dem Gesetz gleich. Aber Mütter sind gleicher.

Die von deutschen Gerichten und vom Gesetzgeber herbeifabulierte gesetzliche Vaterschaft ist zynisch gegenüber dem Fakt der leiblichen Vaterschaft. Der Gipfel des Zynismus liegt darin, dass der vom Gericht bemühte ‚Schutz der Familie‘ dann keine Rolle mehr spielt, wenn es um Unterhaltsforderungen, spricht um Geld geht.
Wenn eine Mutter einen Vaterschaftstest eines Familienvaters verlangt, da er nach ihren Angaben der mögliche Vater des Kindes sei, weil sie eine Affäre mit diesem gehabt habe – dann ist der Schutz der Familie dieser Männer relevanzlos. Auch ob da ein oder 30 Namen möglicher Väter auf der Liste stehen ist dabei unerheblich. Wieviele Familien durch die Vaterschaftsfeststellungsklagen in Schutt und Asche gelegt werden, fragen sich die selben Richterinnen und Richter plötzlich nicht mehr. Es gibt doppelte Standards an deutschen Gerichten und der schwarzen Adoption ist so der Weg bereitet.

Die Begründung des BVerG mit dem ‘Schutz der Familie’ ist in dem Moment substanzlos, wo die Ehefrau Ehebruch begeht und ein uneheliches Kind zur Welt bringt. Hätte die Mutter keine Beziehung außerhalb der Schutzgemeinschaft Ehe angefangen, wäre jetzt der Ehegatte der leibliche Vater ihres Kindes und nicht der Kläger. Angesichts der bereits zum Trümmerfeld gemachten Ehe von ‘Familienfrieden’ zu sprechen, ist lächerlich und absurd. Hier wird mit pervertierten Begriffe ‘Familienschutz’ und ‘Kindeswohl’ ein Willkürakt auf Kosten des leiblichen Vaters und seines Kindes vollzogen. Die Rechtsprechung fördert zwei erwachsene Menschen (gesetzlicher Vater und Kuckucksmutter) in ihrer unreifen egozentrischen Selbstbefriedigung, anstatt von ihnen das Tragen von Verantwortung und der damit verbundenen Reifung zu verlangen.

Der Ehemann kann, wie in anderen Stief- und Flickwerkfamilien auch, die Rolle des guten Stiefvaters ausfüllen. Wenn er das Kind adoptieren möchte, dann soll dies gemäß den bestehenden Adoptionsgesetzen geschehen. Es ist nicht die Aufgabe der Rechtsprechung, den Weg an den Adoptionsgesetzen vorbei zur Schwarzen Adoption zu ebnen. Die Würde des Menschen und die Grundrechte der Bürger gebieten es, dass die Verwandtschaftsbeziehungen der Menschen von Rechts wegen geschützt werden. Dieser Rechtsgrundsatz darf weder von ehebrecherischen Müttern noch von staatlichen Gerichten unterlaufen werden.

Roland Hoheisel-Gruler, Fachanwalt für Familienrecht aus Baden-Württemberg, gibt Kuckucksvaterblog folgende Einschätzung: “Das BVerfG hat sich im Wesentlichen mit der eigenen Rechtsprechung und der des Europäischen Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) auseinandergesetzt. Hierbei geriet aber der Bezug auf die Frage, wie weit die Abstammung nicht nur durch Art. 6 GG einen besonderen Schutz genießen muss, sondern auch das Recht auf Identität aus dem Focus des Gerichts. Es hätte indes nahegelegen, die Entwicklungen auf diesem Gebiet seit der Leitentscheidung aus dem Jahre 2003 zu würdigen und in die Abwägung mit einzubeziehen.”

Zu einer vollkommen anderen Bewertung kommt der Wissenschaftler Philipp M. Reuss:  „Das BVerfG führt konsequent seine bisherige Rechtsprechungslinie fort. Es ist durchaus zu befürworten, dass sowohl die Rechte des biologischen Vaters verfassungsrechtliche Beachtung finden, als auch die sozial-familiäre Verantwortungsgemeinschaft, d.h. insbesondere die Beziehung des rechtlichen Vaters zu seinem Kind, verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Die Interessen aller Beteiligten sind in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Der Gesetzgeber zieht hier sicherlich richtig die Trennlinie dort, wo mit einer Anfechtung in eine intakte Familie eingegriffen würde.“

Bundesverfassungsgericht – Pressestelle – Pressemitteilung Nr. 77/2013 vom 20. Dezember 2013

Beschluss vom 4. Dezember 2013

1 BvR 1154/10

Beschränkte Möglichkeiten der Vaterschaftsanfechtung für den biologischen Vater sind verfassungsgemäß

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die bisherige Rechtsprechung zur Vaterschaftsanfechtung durch den biologischen Vater bekräftigt. Es ist mit dem Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar, den biologischen Vater von der Anfechtung auszuschließen, um eine bestehende rechtlich-soziale Familie zu schützen.

Sachverhalt und Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist überzeugt, biologischer Vater einer Tochter zu sein, die in die Ehe ihrer Mutter mit einem anderen Mann hineingeboren wurde. Der Ehemann ist rechtlicher Vater des Kindes. Die Beziehung der Mutter zum Beschwerdeführer endete, als das Kind vier Monate alt war.

Seit das Kind elf Monate alt ist, lebt es mit der Mutter, deren Ehemann und mit den minderjährigen Geschwistern in einem gemeinsamen Haushalt.

Eine Vaterschaftsanfechtungsklage des Beschwerdeführers blieb erfolglos; zur Begründung verwiesen die Fachgerichte im Wesentlichen darauf, dass die sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater einer Anfechtung entgegenstehe. Hiergegen wendet sich der Beschwerdeführer. Er hält den Gesetzgeber für verpflichtet, einem biologischen Vater die rechtliche Elternstellung einzuräumen, wenn hierdurch im konkreten Einzelfall weder Kindeswohl noch Familienfrieden gefährdet seien. Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Der Beschwerdeführer hat nicht dargelegt, dass die angegriffenen Entscheidungen seine Grundrechte verletzen.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahr 2003 entschieden (BVerfGE 108, 82), dass es mit dem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG vereinbar ist, den mutmaßlichen biologischen Vater von der Vaterschaftsanfechtung auszuschließen, was im Übrigen auch der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entspricht. Dies gilt auch, wenn der mutmaßliche biologische Vater vorträgt, vor und in den Monaten nach der Geburt eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind aufgebaut zu haben. In diesem Fall steht ihm aber ein Recht auf Umgang mit dem Kind zu, das sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ableitet.

Über Max Kuckucksvater

Seit Anfang 2011 weiß ich nun, dass mein Sohn aus erster Ehe nicht mein leiblicher Sohn ist. Da ich weder im Netz, noch irgendwoanders Hilfe fand, gründete ich dieses Blog. Dieses Blog verbindet Kuckuckskinder, Scheinväter, Väter und Kuckucksmütter untereinander, stellt Hilfsthemen bereit. Zusätzlich klärt es die Öffentlichkeit über den stattfindenden Identitätsraub und Betrug auf, damit wir in Zukunft dieses Leid verhindern können. Der obligatorische Vaterschaftstest ab Geburt (OVAG) ist das einzige Mittel, welches das Kind sicher vor der Fälschung seiner Identität bewahren kann. Seither entstanden sehr viele Kontakte und Freundschaften zu Scheinvätern, Kuckuckskindern und anderen Betroffenen sowie Unterstützern. Der Austausch mit ihnen half mir dabei, meine Trauer zu verarbeiten. Und: Ja, ich lebe tatsächlich in Kolumbien. Inzwischen sind meine Frau und ich stolze Eltern einer Tochter. https://www.facebook.com/max.kuckucksvater
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6 Antworten zu Leibliche Väter bleiben weiter ohne Rechte – Bundesverfassungsgericht

  1. Martina G. schreibt:

    …nicht nur, dass dies eine Fälschung des Familienstandes darstellt…. Wie würde das Gericht wohl entscheiden, wenn sich die Kindesmutter eines Tages doch noch vom Ehemann trennt, geschieden ist? Wer ist dann möglicherweise unterhaltspflichtig? Natürlich der wahre biologische Vater und dann wird ein Vaterschaftstest gemacht, weil es wieder um das Wohl des Kindes und natürlich um Recht geht. Ich bin fassungslos und glaube dennoch, dass das nur der Gipfel des Eisberges ist.

  2. Pingback: Biologische Väter haben weiterhin das Nachsehen | elfstricheins

  3. BAfH schreibt:

    Seid mir nicht böse, aber hier fällt mir nur noch eines ein. Grausam!

    Grausam für das Kind UND den leiblichen Vater.

    Dieses Urteil zeigt einmal mehr, dass Geld vor Menschlichkeit und Gerechtigkeit kommt und das auch in der Rechtssprechung.

    Wenn sowas irgendwann einmal am besten einem Richter am Verfassungsgericht passiert, wird man sehen wie schnell sich Meinungen ändern bzw. unter Umständen Gesetze.

  4. Pingback: Kuckucksvaterblog kritisiert Beschluss des Bundesverfassungsgerichts | elfstricheins

  5. Norbert Potthoff schreibt:

    Ich bin erst mal sprachlos.

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